Titel: Unternehmensbewertungsverfahren
Fach: BWL
Trimester: 3.

Autor: Moritz Regnier
E-Mail: moritz@regnier.de
Datum: 08/03/2001;



Unternehmensbewertungsverfahren

Unternehmensbewertungsverfahren

Gelegenheiten der Unternehmensbewertung

Ursachen für M & A/Wachstum

Phasenüberblick

Markt-/Vergleichswert

Aus Börsenkursen abgeleitet

Aus Transaktionen abgeleitet

Substanzwert

Rekonstruktionswert

Liquidationswert

Ertragswert

Objektive Ertragswert

Subjektive Ertragswert

Ansatzpunkte für den Kalkulationszinsfuss

Gelegenheiten der Unternehmensbewertung

In den verschiedensten Situationen muss der Wert eines Unternehmens ermittelt werden. Im Folgenden einige Gelegenheiten:

  • Kauf oder Verkauf eines Betriebes,

  • Fusion von Unternehmen

  • Entflechtung von Unternehmen

  • Sanierung, Restrukturierung, Vergleich oder Konkurs eines Unternehmens

  • Aufnahme und Ausscheidung von Gesellschaftern

  • Beteiligung durch Aktienanteile

  • Ermittlung von Steuergrundlagen

Ursachen für M & A/Wachstum

  • Globalisierung und Internationalisierung

  • Domino-Effekte (Economies of Scale)

  • Strukturwandel/Wettbewerbsdynamik

  • Wachsende Kosten (steigende Degressionseffekte)

  • Umorientierung in der Managementphilosophie => Konzentration auf Kernkompetenzen

  • Rationalisierung

  • Generationswechsel (besonders bei Familienunternehmen)

  • M & A-Branche (wandeln sich von Abwickler zum Initiator)

  • Deregulierung

Phasenüberblick

Die Stationen der Akquisition könnten folgender Maßen aufgelistet werden (nach JUNG 1993, S. 163):

  • Stategic Fit
    Verfolgt die Akquisition das Unternehmensziel? Passt das Projekt in die bisherige Strategie

    • Marktanteile

    • Rentabilität

    • Produkte (vorwärts, rückwärts, horizontal, vertikal)

    • Aktiva, Passiva, Kapitalbedarf

    • Standort

    • Konkurrenzsituation

    • betriebliche Organisationsstruktur

  • Culutal Fit
    Passen die mannigfaltigen Unternehmenskulturen zueinander? Kann es zu Konflikten kommen, die eine produktive Arbeit lahm legen könnten?
    Diese Fragen können vorzugsweise mittels eines Netzdiagramms beantwortet werden (s. CLARKE 1987, S. 18)

  • Financial Fit
    Diese Frage (letztlich das entscheidende Kriterium) nach der Finanzierung lässt sich nicht mit einer Zahl beantworten. Es können Kennzahlen ermittelt werden, die im Vergleich mit der Vergangenheit und mit anderen Unternehmen eine Entscheidung beeinflussen können. Es ist zu bedenken, dass immaterielle Dinge vernachlässigt sein könnten.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit diesen Kennzahlen und deren Ermittlung.

Markt-/Vergleichswert

Eine effektive Lösung ist es auch bestehendes Zahlenmaterial in Kennziffern umzuwandeln. Dieser Absatz bezieht sich besonders auf Kapitalgesellschaften, weil das Zahlenmaterial dieser einfach aus der Zeitung/Internet zu erreichen ist. Die gezeigten Methoden gelten aber auch für Personengesellschaften, etc..

Aus Börsenkursen abgeleitet

Aktien & ihr Kurs

Die Anzahl der Aktien eines Unternehmens ermittelt sich aus Anfangskapital/Nennwert. Um dann später den WertJetzt festzustellen teilt man KapitalJetzt/Anzahl der Aktien.

Bspl.:
3 Mio Kapital
5 DM Nennwert
=> 600.000 Aktien
mit 69 Mio KapitalJetzt
kommt man auf einen WertJetzt von 115 DM.

Wie werden vergleichbare Unternehmen bewertet?

KGV (PER)

= Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (engl. Price-Earnings-Ratio) sagt aus wieviel Gewinn im Vergleich zum Kurs erwirtschaftet wird. Dazu ermittelt man den Gewinn pro Aktie und dann das KGV.

Bspl.:
# Gewinn pro Aktie
2 Mio JÜ (Jahresüberschuss)/600.000 Aktien = 3,33
# KGV
115 Kurs/3,33 Gewinn pro Aktie = 34,85 für das Jahr 200X auf Basis der Bilanz 200X.

Ein Vergleich mit dem Branchen-KGV gibt darüber Auskunft, ob eine Aktie a) > 34,85 mehr wert ist oder ob b) eine Aktie < 34,85 weniger wert ist.

Basieren auf zukünftige JÜ’s kann eine Zukunftsprognose erstellt werden.

Bspl.:

für eine XY AG seien folgende JÜ’s pro Jahr prognostiziert worden:

2001

2 Mio

 

2002

2,5 Mio

 

2003

3 Mio

 

2004

3,5 Mio

 

2005

4 Mio

 

2006ff

4 Mio konstant für ff

Der KGV 2005 = 115 Kurs/6,66 Gewinn pro Aktie = 17,3 [Bemerkung: bei doppeltem Gewinn ist es klar, dass sich das Verhältnis halbiert ;-) ]

Diese Prognose gilt unter der Annahme, dass sie Anzahl der Aktien konstant bleibt.

Wachstumsrate (PEG)

= Die Price-Earnings-Groth-Ratio ist das Verhältnis aus KGV zu Wachstumsrate. Die Wachstumsrate ist der prozentuale Zuwachs des JÜ im Vergleich zum Vorjahr.

Bspl. für das Jahr 2001:
34,85 KGV_2001/[(2,5 JÜ_2002/2 JÜ_2001)-1]*100 = 34,85/25 = 1,38

Diese Wachstumsraten werden im DAX (DeutscherAktienindeX) angezeigt. Der historisch ermittelte Durchschnittswert hier ist 1,5.

Bspl.:
fällt das Wachstum der XY AG auf 10%
=> 34, 85/10 = 3,485

Vergleiche werden somit einheitlich möglich.

KUV

= Das Kurs-Umsatz-Verhältnis ist ein Maß für den Kurs zum Umsatz.

Bspl.:
Unter der Annahme, dass die XY AG einen Umsatz von 50 Mio im Jahr 2001 erzielt, kommt man auf einen Umsatz pro Aktie (bei 600.000 Aktien) von 83 DM.
=> KUV = 115 Kurs/83 Umsatz pro Aktie = 1,38

KCF

= Kurs-CashFlow-Verhältnis

Bspl.:
bei Abscheibungen in Höhe von 2 Mio
=> ein CF (CashFlow) = 2 Mio JÜ + 2 Mio Abscheibungen
=> pro Aktie 6,66
=> KCF = 115/6,66 = 17,3

Aus Transaktionen abgeleitet

Umsatzmultiple

Beim verfolgt man die Frage „Mit dem wie vielfachen des JahresUmsatzes wird das Unternehmen bewertet?“. Die Faktoren stammen i.d.R. aus Branchenübersichten etc.:

Bspl.:
Unter der Annahme eines Multiple von 1,5 der XY-Branche folgt ein Wert in Höhe von 1,5 * 50 Mio JahresUmsatz = 75 Mio.

Substanzwert

Rekonstruktionswert

Der Substanzwert ist gleich mit dem Reproduktionswert, da er den Wert beinhaltet, den jemand zahlen müsste, um ein vergleichbares Unternehmen aufzubauen.
Zum Rekonstruktionswert stellen sich zwei Fragen:

  1. Wie groß ist der Umfang der Vermögensgegenstände?

  2. Wie werden die relevanten wertmäßig angesetzt?

Vorgehensweise

Es werden stichtagbezogen alle bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter bewertet. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten sind historische (vergangenheitsbezogene) Werte und sagen nichts über den Preis aus den man heute zahlen müsste, um das gleiche Unternehmen aufbauen zu können. Bei der Bewertung gibt es zwei Ansätze:

Reproduktionsneuwert (Schmalenbach):

Es wird der Neuwert angesetzt, da ein möglicher Konkurrent diesen Wert auch erbringen müsste.

Reproduktionsaltwert (Hax):

  • Die Summe der Neuwerte heute entspricht nicht der Investitionssumme damals und

  • es soll der Neuwert einer ebenso leistungsfähigen Anlage ermittelt werden (und das war damals wegen des technischen Fortschrittes anders als heute)

Reproduktionsvollwert versus Reproduktionsteilwert

Da in einem Unternehmen auch immaterielle Werte stecken (wie z. Bspl. Guter Ruf, Kundenstamm und Stellung auf dem Beschaffungsmarkt), ist eine vollständige Erfassung [Reproduktionsvollwert] nicht möglich. Man spricht deshalb vom Reproduktionsteilwert.

=> Der Substanzwert ist immer nur Teilreproduktionswert.

Liquidationswert

Der Liquidationswert wird als der Wert verstanden, der durch den einfachen „Ausverkauf“ des Unternehmens erzielt würde. Mit anderen Worten ist dies die Summe aller Einzelveräußerungen des Vermögens abzüglich der Schulden und Abwicklungskosten.

Ertragswert

Der Erwartungswert entspricht dem Gesamtwert der zukünftigen Ertragswerte, mit anderen Worten der Summe der Barwerte der Einzahlungsüberschüsse (EZÜ oder (et - at)). Für das Institut der Wirtschaftsprüfer ist dies der Ertragswert als Summe der Barwerte der theoretisch richtige Wert eines Unternehmens.

Objektive Ertragswert

Grundgedanken

Der objektive Ertragswert ist/sind:

  1. die Gewinne in der Zukunft (CashFlows = EZÜ)

  2. die Abzinsung der Gewinne (bzw. CF) auf die Gegenwart

  3. parallel zum Kapitalwert zu berechnen, aber nicht gleichzusetzen!!
    C0 = - I0 + Summe von t=1 bis n von [EZÜ*(1 + i)-t]
    => EW (Erwartungswert) = Summe von t=1 bis n von [EZÜ*(1 + i)-t]
    d.h. Summe der Barwerte bzw. Preisuntergrenze oder Investitionsobergrenze

Übliche Verteilung über die Preioden t=n

1)      Detailplanung bis t=3

2)      Grobplanung von t=4 bis t=5

3)      ab t=6 wird ein Restwert bestimmt

                                                               i.      Restwert = Liquidationswert in t=6 oder

                                                             ii.      Gewinnschätzung auf der Basis von t=5
=> Gewinne bleiben konstant
dabei ist folgendes zu beachten:

1.      RBF für t=unendlich und i = 1/i

2.      der Restwert ist gleich = JÜ*RBFunendlich * (1 + i)-(t-1)

Bspl.:

t =

Jahr

Barwert von JÜ

1

2001

2 Mio

1,887 Mio

2

2002

2,5 Mio

2,225 Mio

3

2003

3 Mio

2,519 Mio

4

2004

3,5 Mio

2,772 Mio

5

2005

4 Mio

2,989 Mio

6ff

2006ff

4 Mio konstant

[4 Mio JÜ * 1/6%]*(1,06)-(6-1)
= 49,817 Mio

bei i 6%

Summe =

62,207 Mio

Problem:
Bei dieser Methode bleiben Konkurrenzdruck oder Auswirkungen des Ausscheidens von Gründern un berücksichtigt.
Um die Gewinne ab 2006ff diesbezüglich zu senken kann man den Kalkulationszinssatz in diesen Perioden korrigieren indem man ihn mit einem Korrekturzinssatz mittels Addition erhöht. Durch diese Erhöhung werden später anfallende EZÜ’s stärker durch die Abzinsung belastet/gemindert.

Aussagen bezüglich des Eigenkapitals (EK)

  • Wert des EK = Kaufpreis des Unternehmens (bei der „Nettomethode“)
    Bei der Bruttomethode werden Fremdkapitalzinsen nicht als Aufwandberücksichtigt.

  • Wert des EK = Erwartungswert - Fremdkapital

Der Begriff Firmenwert

Der Firmenwert ist die Differenz aus dem Substanzwert und dem Ertragswert (Summe der Barwerte der EZÜ).
Man bezeichnet als „originären Firmenwert“ den Wert, der im Laufe der Existenz des Unternehmens entstanden ist, also besonders immaterielle Werte.
Der „derivative Firmenwert“ wird vom Käufer eines Unternehmens als Preis bezahlt. Er ermittelt sich aus der Differenz vom Gesamtpreis der Übernahme – Wert der einzelnen Vermögensgegenstände zum Zeitpunkt der Übergabe (sprich dem Substanzwert)

Subjektive Ertragswert

Der subjektive Ertragswert erstellt sich aus dem Restrukturierungs- und dem Synergiewert der dem objektiven Wert hinzugefügt wird. Dieser Wert ist der Wert, den der Käufer maximal bereit wäre zu zahlen, da er sich mindestens ebenso hohe Gewinne (als Barwertsumme) erhofft.

Ansatzpunkte für den Kalkulationszinsfuss

Alternativen

  1. „sichere“ Geldanlage [irl für risikolos]

  2. individuelle Mindestverzinsung
    beispielsweise Rentenmarktzins

  3. übliche Verzinsung in Vergleichsunternehmen oder der Branche

  4. Kapitalmarkorientierter Verzinsungsanspruch
    d.h. der Durchschnitt aus den Fremd- und Eigenkapitalzinsen

WACC

= Weighted Average Costs of Capital ist ein Mischzinssatz aus Fremd- und Eigenkapitalzinsen, der sich zu unterschiedlich gewichteten Teilen errechnet, aus dem vertraglich geregelten Fremdkapitalzinsen und der Zinserwartung der Kapitalgeber am Markt.

Fremdkapitalzins

ist vertraglich geregelt und wird auf Darlehn, Anleihen und sonstige Mittel angewendet.

Eigenkapital (CAPM = Capital-Asset-Pricing-Model)

Der Eigenkapitalzins wird als (iEK) bezeichnet und setzt sich als Addition aus risikoloser Verzinsung (irl) + einer Risikoprämie (iM + - irl)*Schwankungsfaktor (Betafaktor) zusammen.

Hier ist iM als der Zinssatz am Vergleichsmarkt zu sehen.

Bspl.:
iEK = 6% + 2*(8% - 6%) = 10%

Gesamt

WACC = FK/[EK + FK]*iFK + EK/[EK + FK]*iEK