Titel: EWU
Fach: EU-Wirtschaft
Trimester: 2.

Autor: Jan Warp
E-Mail:
Datum: 05/09/2000;



Problematisieren Sie die Konvergenzkriterien:

Als Richtgrößen zur Teilnahme an der Europäische Währungsunion (EWU) sind vier Konvergenzkriterien festgelegt worden:

1. Preisstabilität

Der Anstieg der Verbraucherpreise darf 1997 nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der

durchschnittlichen Teuerungsrate der drei preisstabilsten EU-Länder liegen.

2. Haushaltsdiziplin

a) Das Haushaltsdefizit des Staates soll 1997 drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also der gesamten Wirtschaftsleistung nicht übersteigen. (Kennziffer für die Neuverschuldung)

b) Die Staatsverschuldung darf 1997 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten. (Kennziffer für die Gesamtverschuldung)

3. Zinsen

Die langfristigen Zinssätze dürfen 1997 nicht höher liegen als zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt in den drei preisstabilsten Ländern.

4. Währungsstabilität

Die Währung muß in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die Währungsunion, also 1997 und 1998, gegenüber den anderen EU-Währungen stabil geblieben sein.

Problemansätze:

Die Konvergenzkriterien sind zu "weich". Kriterien 1, 3 beziehen sich auf relative Werte (3 preisstabilste Länder). Auch das 2. Kriterium nennt nur Prozentzahlen im Vergleich zum BIP.

Die Konvergenzkriterien sind keinesfalls zu weich. Besonders das Kriterium "öffentliche Verschuldung" ist so hart, daß selbst sehr ehrgeizige Länder wie Belgien und Irland es nicht erfüllen können.

Notwendig wäre eine in absoluten Werten formulierte Preisniveaustabilität als Eintrittsbedingung.

Beim 2. Kriterium "Gesamtverschuldung" stellt sich die Frage, wie diese bei föderalistischen Ländern errechnet werden kann. (Bsp. Dtld: zählt man die Schulden von Bund, Ländern und Kommunen zusammen, oder nimmt man nur die Bundesverschuldung)

Die Entscheidung über die Teilnahme an der EWU ist stichpunktbezogen. Die endgültige Entscheidung wird von der Staats- und Regierungschefs getroffen. Hier besteht die Gefahr, daß aus politischen Gründen auch Länder teilnehmen dürfen, die die Konvergenzkriterien nicht erfüllt haben.

Eine Verwässerung der Kriterien aus politischen Gründen ist nicht absehbar. Der Stabilitätspackt sorgt außerdem für eine langfristige Einhaltung.

Die stichpunktbezogene Betrachtung hätte theoretisch dazu führen können, daß die Haushaltsdisziplin nach Erfüllung der Kriterien drastisch nachläßt. Um dies zu Verhindern wurde unter Federführung von Deutschland der sogenannte Stabilitätspackt verabschiedet, der die Fortschreibung der Konvergenzkriterien beschließt. Erfüllt ein Land die Kriterien nicht, muß es finanzielle Sanktionen fürchten. Diese wären für die Haushaltslage jedoch kontraproduktiv. Außerdem fehlen der EU die Möglichkeiten diese Sanktionen einzutreiben.

Es gibt kein ökonomisch zwingendes Argument dafür, von oben eine monetäre Einheit auf ein wirtschaftlich, sozial und interessenpolitisch noch uneiniges Europa zu stülpen. Erst muß in diesen Bereichen eine Angleichung erfolgen.

Die Maastrichter Verträge basieren auf der freien Entscheidung der teilnehmenden Länder. Außerdem treten die Vereinbarungen nur in Kraft, wenn sie in den einzelnen Ländern ratifiziert werden.

Problematisieren Sie das 3 Phasenmodell der EWU:

Ablauf der Europäischen Währungsunion:

grundsätzliche Regelungen: Vertrag von Maastricht

Ablauf wurde durch den EU-Gipfel in Madrid geregelt

Die Umstellung erfolgt in 3 Phasen:

Phase I (Vorbereitung der EWU):

Festlegung der Teilnehmerländer (richtet sich nach der Erfüllung der sog. Konvergenzkriterien, siehe unten):

Europäische Kommission und Europäisches Währungsinstitut (EWI) legen Konvergenzberichte vor

ECOFIN-Rat gibt eine Empfehlung ab

Rat der Staats- und Regierungschefs trifft die endgültige Entscheidung

darauf folgt die Errichtung der Europäischen Zentralbank;

Aufgabe: Geldpolitik, Hauptziel: Preisniveaustabilität des Euro

Ab dem 1. Januar 1999 hat die II. Phase der Währungsunion (Übergangsphase)

begonnen:

nationale Währungen verlieren ihren währungsrechtlichen Status

als alleinige Währung aller teilnehmenden Länder wird der Euro eingeführt, ist aber vorerst nur als Buchgeld verfügbar

die nationalen Währungen bestehen als Untereinheiten des Euro weiter, sind als Buch- und Bargeld verfügbar

Festlegung von unwiderruflichen Umrechnungskursen

Zielsetzung:

gleitender Übergang zum Euro

Umstellung erfolgt nach dem Prinzip: kein Zwang, keine Behinderung

Spätestens zum Beginn der III. Phase (Abschluß der EWU) am 1. Januar 2002

muß die Umstellung abgeschlossen sein

bis zum 30. Juni 2002 werden die nationalen Währungen (Bargeld) gegen Euro ausgetauscht

die nationalen Währungen verlieren ihre Eigenschaft als Zahlungsmittel

genauer Ablauf dieser Phase ist noch nicht festgelegt

Aufgrund des Einzelhandels hat der EU-Gipfel in Dublin (Dezember 1996) die Ausgestaltung dieser Phase in das Ermessen der nationalen Regierungen gelegt

Problemansätze:

Einzelhandel = Probleme + Kosten durch Kassenumstellung und doppelte Preisauszeichnung > Bundesregierung diskutiert Varianten zur früheren Bargeldumstellung, damit die Übergangsphase verkürzt wird

Um den Einstieg in die neue Währung so problemlos wie möglich zu gestalten liegt die Gestaltung in den Händen der Wirtschaftsteilnehmern. Hier stellt sich die Frage, in wie weit diese Ihre Möglichkeiten nutzen und in wie weit sie die neue Währung akzeptieren.

Umstellungstendenzen ("wer stellt wann um")

ESZB (Europäisches System der Zentralbanken) wird ausschließlich in Euro operieren > Geld und Devisenhandel wird faktisch auf Euro umgestellt werden

neue Staatsschuldtitel werden nur noch in Euro ausgegeben

Börsenhandel wird auf Euro umgestellt

Zahlungsverkehr zw. Banken wird ebenfalls in Euro abgewickelt >Mittlerfunktion der Banken

zahlreiche Großunternehmen haben eine frühzeitige Umstellung auf den Euro angekündigt

öffentliche Hand wird Verwaltung erst zum spätesten Zeitpunkt umstellen

> "Vorbildfunktion" wird nicht erfüllt!

Privatpersonen können Konten in Euro führen

Gefahr, daß Länder, die nicht von Anfang an an der EWU teilnehmen vom Integrationsprozeß abgehängt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die erwartete Sogwirkung der EWU auf politische und gesellschaftliche Bereiche. Nichtteilnehmer könnten also nicht nur im finanziellen Bereich, sondern auch auf diesen Gebieten abgehängt werden.

Teilnehmer der EWU befürchten durch Abwertung der Währungen der Nichtteilnehmerländer Wettbewerbsnachteile zu erleiden.